Physiotherapie in Zeiten von Social Distancing

Patient:innen-Begleitung und Trainingsplan per Videokonferenz

Lena Mohr

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Die Idee für room4Physio entstand zu Beginn der Corona-Krise während eines Hackathons. Die drei Gründer aus Wien und Berlin wollten Menschen mit chronischen Erkrankungen und Verletzungen die Möglichkeit geben, auch in Zeiten von Social Distancing Physiotherapie zu erhalten.

Wie können sich Physiotherapeut:innen und Patient:innen während des Kontaktverbots austauschen?

Der erste Prototyp beinhaltete bereits die wichtigste Funktion: Sichere, verschlüsselte Videokonferenzen mit persönlichen Links für alle Patient:innen. Damit ein echter Mehrwert gegenüber Videokonferenz-Tools geboten werden konnte, wurden Physiotherapeut:innen befragt und Probestunden abgehalten. Zwei Ideen stachen dabei besonders heraus:

  1. Das gemeinsame Erstellen eines Trainingsplans, damit Patient:innen Übungen zu Hause wiederholen können
  2. Die starke Vereinfachung des Interfaces und User Flows, um auch weniger digital-affinen Patient:innen eine unkomplizierte und angenehme Nutzung zu bieten.
Die Idee zum Trainingsplan entstand aus Interviews mit PhysiotherapeutInnen

1. Der Trainingsplan

Für einen langfristigen Erfolg müssen die Übungen zwischen den Therapiestunden selbstständig wiederholt werden. Als Gedankenstütze dient dabei der Trainingsplan. Ein großer Vorteil der Online-Therapie: Die Therapeut:innen können direkt Screenshots erstellen, aus denen gemeinsam oder im Anschluss der Trainingsplan entwickelt wird.

Erste Skizzen und Mockups des Trainingsplans

2. Vereinfachtes Interface

“ … the height of sophistication is simplicity.” (Clare Boothe Brokaw)

Der Anspruch an Einfachheit und Klarheit war von Anfang an hoch. Das Ziel des ersten Hackathons war es, dass Patient:innen mit nur einem einzigen Klick den virtuellen Behandlungsraum betreten konnten. Doch durch den schnell wachsenden Funktionsumfang drohte dieser Fokus verloren zu gehen. Um erfahrenen Nutzer:innen weiterhin zusätzliche Funktionalitäten bieten zu können, entstand die Idee eines vereinfachten Interface.

Dank Lesezeichen mit einem Klick zur online Physiotherapie — oder ins virtuelle Wartezimmer

Wie so oft zeigte sich dabei, wie schwierig es ist, Einfachheit zu erreichen. Schritt für Schritt strichen wir zuerst Features, die wir für “zu kompliziert” hielten. Schließlich hinterfragten wir auch scheinbar simple Funktionen. In welchem Fall würde jemand dieses Feature vermissen? Wie könnte das wohl vorkommen? Wenn wir diesen Button ausblenden oder verstecken — können wir ihn auch ganz streichen? Mit einer größeren Nutzerbasis hätten wir dazu Analytics-Daten ausgewertet, so verließen wir uns auf das Expert:innen-Wissen im Team, Usability Heuristiken und qualitative Daten.

Einige Stationen auf dem langen Weg zum einfachen Interface

Testen mit dem echten Produkt

Da bereits der erste Prototyp über die wichtigsten Funktionen verfügte, konnte von Anfang an mit Testkund:innen gearbeitet werden. Diese “Operation am offenen Herzen” ist in größeren Unternehmen oft problematisch. Für room4Physio war es jedoch die perfekte Möglichkeit, um Produktentwicklung mit Kundenakquise zu verbinden und so ein Tool zu entwickeln, welches die Arbeit von Physiotherapeut:innen auch in Zukunft sinnvoll ergänzen kann.

In diesem Video lernst du das Team hinter room4Physio kennen und erhältst einen kleinen Einblick in die Plattform.

Originally published at lenamohr.com on June 19, 2020.

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Lena Mohr

Freelance UX designer, co-founder of Ready to Code, a non-profit for gender equality in tech, and author of bad children’s stories at schlechte-geschichten.de